Grundsteuer: Gefährden die Reformpläne Investitionen?

Mit einem Aufkommen von 13 Milliarden Euro im Jahr ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. Ihre Höhe bemisst sich an Einheitswerten der Grundstücke – diese Werte stammen in Westdeutschland aus dem Jahr 1964, im Osten ist sogar 1935 maßgebend. Die Länder arbeiten deswegen an einer Reform – die aktuellen Pläne sind aber fragwürdig.

Mit einem Aufkommen von 13 Milliarden Euro im Jahr ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. Ihre Höhe bemisst sich an Einheitswerten der Grundstücke – diese Werte stammen in Westdeutschland aus dem Jahr 1964, im Osten ist sogar 1935 maßgebend. Die Länder arbeiten deswegen an einer Reform – die aktuellen Pläne sind aber fragwürdig.

Düsseldorf. Am 23. 2016 September soll der Bundesrat erstmals über eine Reform der Grundsteuer beraten. Entwickelt wurde der Vorschlag von den Finanzministern der Länder – mit Ausnahme von Hamburg und Bayern. Der Plan: Auch künftig soll sich die Grundsteuer am Wert des Grundstücks und der darauf stehenden Gebäude bemessen. Der Wert von Grund und Boden soll aber nach der Reform anhand der Bodenrichtwerte festgestellt werden. Die Bodenrichtwerte liegen in allen Ländern praktisch flächendeckend vor, so dass keine umfangreichen neuen Erhebungen nötig wären.

Damit könnten die veralteten Einheitswerte aus den Jahren 1964 (West) bzw. 1935 (Ost) entfallen, die mit dem aktuellen Verkehrswert der Grundstücke nicht mehr viel zu tun haben. Der Bundesfinanzhof hält die Grundsteuer daher auch für verfassungswidrig – beim Bundesverfassungsgericht laufen mehrere Verfahren zu diesem Thema. Die Politik will handeln, bevor das Gericht die Grundsteuer womöglich für verfassungswidrig erklärt und damit die Einnahmen der Kommunen in Gefahr bringt.

Neue Bemessungsgrundlage – neue Probleme

„Es ist gut, dass die Reform endlich angegangen wird. Die Grundsteuer in der heutigen Form ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Prof. Dr. Peter Rasche. Der Vorsitzende von Haus & Grund Rheinland merkt aber an: „Der Vorschlag muss noch deutlich nachgebessert werden. In der derzeitigen Form droht er zum Investitionshemmnis zu werden.“

Kritisch bewertet Rasche die Pläne zur Bewertung der Gebäude bei der neuen Grundsteuer. Hier soll ein vereinfachtes Sachwertverfahren angewendet werden. Das Verfahren soll nicht den Verkehrswert, sondern den Investitionsaufwand feststellen, der in der Immobilie steckt. Dazu soll eine Pauschale für die Baukosten pro Quadratmeter benutzt werden, die nur nach der Nutzungsart des Gebäudes und nach drei Altersklassen Unterschiede macht. Der so ermittelte Wert würde dann um eine Alterswertminderung von maximal 70 Prozent ergänzt.

Neubauten steuerlich benachteiligt

Das Verfahren ließe Ausbau- oder Modernisierungsmaßnahmen und individuelle Ausstattungsmerkmale des Gebäudes ebenso unbeachtet wie Marktanpassungsfaktoren. Vom realen Verkehrswert des Gebäudes dürften sich die neuen Werte also weiterhin unterscheiden. Dr. Peter Rasche sieht damit das Ziel der Reform verfehlt: „In diesem Punkt verstößt der Reformplan gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen die Forderung des Bundesfinanzhofs, die Grundsteuer am Verkehrswert zu bemessen.“

Außerdem drohe eine steuerliche Benachteiligung von Neubauten, wie Erik Uwe Amaya bemerkt. Der Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland erklärt das so: „Ein modernisierter Altbau kann die gleiche Wertigkeit haben wie ein Neubau – trotzdem würden für den Neubau höhere Grundsteuern fällig. Das könnte Investoren davon abhalten, neu zu bauen.“

Grundsteuer gerät zur Investitionsbremse

Gerade in den angespannten großstädtischen Wohnungsmärkten sei Neubau aber dringend nötig. Andererseits müssten Eigentümer mehr Grundsteuer zahlen, wenn sie ihre Immobilie weiter ausbauten und dadurch den Wert erhöhten. Investitionen in den Bestand würden dadurch bestraft, fürchtet Amaya: „In Großstädten diskutieren wir heute viel über Nachverdichtung durch Dachausbau oder Aufstockung – das würde durch die Reform erschwert.“

Die neue Grundsteuer würde auch denjenigen bestrafen, der sein freies Grundstück bebaut – der steigende Wert hätte höhere Steuern zur Folge. „Es könnte sich dann eher lohnen, ein unbebautes Grundstück als preiswertes Spekulationsobjekt zu halten anstatt es zu bebauen. Eine solche Neubau-Bremse wäre ein Schritt in die falsche Richtung“, kritisiert Erik Uwe Amaya.

Viel Bürokratie, langsame Umsetzung

„Eine schnelle Reform würde das nicht“, stellt Rasche fest: „Für alle rund 35 Millionen Grundstücke in Deutschland nach diesem Verfahren zu einer Neubewertung zu kommen erzeugt einen immensen bürokratischen Aufwand.“ Die Autoren der Reform planen mit zehn Jahren Bearbeitungszeit. Angesichts der Risiken und Nebenwirkungen des aktuellen Reformvorschlags dürfte es am 23. 2016 September eine interessante Sitzung im Bundesrat werden. Bleibt abzuwarten, in welcher Form die Reform am Ende wirklich kommt.

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