Schlüssel in den Briefkasten vom Vermieter werfen: Kann man so eine Mietsache zurückgeben?
Immer wieder stellen Vermieter nach der Rückgabe der Mietsache Schäden fest. Sie haben dann ein halbes Jahr Zeit, Schadensersatz geltend zu machen. Doch wann beginnt die Frist zu laufen, wenn der Mieter den Schlüssel schon lange vor dem Auslaufen des Mietvertrags in den Briefkasten des Vermieters wirft? Dazu hat jetzt der Bundesgerichtshof geurteilt.
München. Stellt ein Vermieter nach einem Mietverhältnis Schäden an der Mietsache fest, kann er sechs Monate lang Schadensersatz dafür einfordern. Die Frist beginnt in dem Moment zu laufen, wo der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Das gilt auch dann, wenn das Mietverhältnis zu diesem Zeitpunkt noch andauerte, also bei einer verfrühten Rückgabe der Mietsache. Dabei ist schon das Einwerfen des Schlüssels in den Briefkasten des Vermieters als Rückgabe zu werten – das hat der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich entschieden (Urteil vom 29.01.2025, Az.: - XII ZR 96/23).
Das Urteil fiel in einem Rechtsstreit um ein Gewerbemietverhältnis in Nordrhein-Westfalen. Ein Vermieter hatte eine Lagerhalle mit Büro und weiteren Gewerbeflächen vermietet, das Mietverhältnis begann am 5. Juni 2012. Wie bei einem Mietvertrag für gewerbliche Räume nicht selten, einigte man sich auf eine Befristung von einem Jahr. Dabei sollte sich das Mietverhältnis automatisch um ein weiteres Jahr verlängern, wenn nicht mindestens drei Monate zuvor gekündigt würde. Genau diese Frist versäumte die Mieterin, als sie im Jahr 2020 kündigte. Damit führte die Kündigung zum Ende des Mietverhältnisses erst zum 5. Juni 2021.
Mieterin warf Schlüssel in den Briefkasten des Vermieters
Die Mieterin nutzte die Räumlichkeiten auch vorerst weiter – allerdings nur noch bis zum Jahreswechsel. Am 31. Dezember hatte sie das Objekt geräumt und warf den Schlüssel in den Briefkasten des Vermieters. Der fand das Vorgehen befremdlich und schrieb der Mieterin am 7. Januar, er sei mit dem Schlüsseleinwurf nicht einverstanden und auch gar nicht empfangsbereit dafür gewesen. Im Juni teilte der Vermieter der früheren Mieterin schriftlich mit, dass er Schäden an der Mietsache festgestellt habe und forderte sie zur Beseitigung auf – unter Fristsetzung und Androhung der Selbstvornahme.
Die Mieterin reagierte nicht darauf. Im August 2021 schickte der Vermieter – nach Ablauf der gesetzten Frist – ein Mahnschreiben hinterher, in dem er ausstehende Mietzahlungen und Schadensersatz in Höhe von insgesamt etwas mehr als 32.000 Euro einforderte, wobei er die Kaution bereits gegen die Gesamtforderung aufgerechnet hatte. Die ehemalige Mieterin wollte nicht zahlen, so dass der Vermieter vor Gericht zog. Allerdings war er vor dem Landgericht Siegen und vor dem Oberlandesgericht Hamm nur teilweise erfolgreich: Beide Gerichte sprachen ihm nur die Mieten zu, die bis zum Juni 2021 noch hätten gezahlt werden müssen.
Schadensersatzansprüche können vor Mietvertragsablauf verjähren
Die Schadensersatzansprüche betrachteten die Gerichte jedoch als verjährt. Diese Ansicht bestätigte schließlich auch der Bundesgerichtshof (BGH). Karlsruhe wies die Revision ab. Die Bundesrichter stellten klar: Die sechsmonatige Verjährung der Schadensersatzansprüche eines Vermieters aus einem Mietverhältnis beginnt ab dem Zeitpunkt, zu dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält – unabhängig davon, wann das Mietverhältnis endet. Die Rückgabe kann auch durch Einwerfen des Schlüssels in den Briefkasten des Vermieters erfolgen, befand der BGH.
Das bedeutet: Im vorliegenden Fall begann die Verjährungsfrist spätestens in dem Moment, als der Vermieter den Schlüssel im Briefkasten fand. Das musste hier spätestens am 7. Januar geschehen sein. Ab diesem Augenblick konnte der Vermieter sich in Ruhe ein Bild vom Zustand der Mietsache machen, eventuelle Schäden bemerken und dokumentieren. Daher hält der BGH es auch für gerechtfertigt, dass die Verjährungsfrist für Schadensersatz mit diesem Zeitpunkt beginnt. Der schriftliche Protest des Vermieters gegen die Rückgabe per Einwurf half ihm ebenfalls nicht.
BGH-Urteil zwingt Vermieter zu rechtzeitigem Handeln
Aus dem Schreiben ging nach Ansicht des BGH ein fehlender Rücknahmewille des Vermieters hervor, aber kein fehlender Besitzwille – welcher für einen wirksamen Besitzübergang erforderlich ist. Zudem habe der Vermieter den Schlüssel auch behalten. Die Bundesrichter schlossen darauf, er habe mit seinem Schreiben vom 7. Januar nur auf die ausstehenden Mietzahlungen bestehen wollen. Das Urteil bedeutet für Vermieter: Selbst wenn sie ungewollt vor dem Ende des Mietverhältnisses den Schlüssel für die Mietsache zurückbekommen, müssen sie sich darum kümmern, dass ihre Ansprüche nicht verjähren.
Wichtig ist diese Frage vor allem für Vermieter von Gewerberäumen. In diesem Bereich wird häufig mit befristeten Verträgen gearbeitet. Auch wenn die juristische Sachlage bei Wohnraum-Mietverhältnissen prinzipiell vergleichbar ist, dürfte es in der Praxis so gut wie nie vorkommen, dass ein Wohnraum-Mieter mehr als sechs Monate vor dem Ende des Mietverhältnisses die Mietsache zurückgibt. Vermieter sollten im Zweifelsfall rechtzeitig Rechtsberatung in Anspruch nehmen. Als Mitglied können Vermieter diese Beratung im Ortsverein von Haus & Grund erhalten.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.
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