WEG verklagt einzelnes Mitglied: Darf die Klageschrift an den Verwalter gehen?

Wenn sich ein Wohnungseigentümer nicht an die Regeln hält, kann die Eigentümergemeinschaft ihn notfalls verklagen. Aber was passiert eigentlich, wenn der Beklagte längerfristig im Ausland ist? Darf man die Klageschrift dann an den WEG-Verwalter als Zustellungsvertreter schicken? Dazu hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt ein wichtiges Urteil gefällt.

Wenn sich ein Wohnungseigentümer nicht an die Regeln hält, kann die Eigentümergemeinschaft ihn notfalls verklagen. Aber was passiert eigentlich, wenn der Beklagte längerfristig im Ausland ist? Darf man die Klageschrift dann an den WEG-Verwalter als Zustellungsvertreter schicken? Dazu hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt ein wichtiges Urteil gefällt.

Karlsruhe. Wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) eines ihrer Mitglieder verklagt, darf die Klageschrift nicht dem Verwalter zugeschickt werden. Dieser kann in einem solchen Fall nicht als Zustellungsvertreter für den verklagten Eigentümer fungieren. Geht die Klageschrift trotzdem an den Verwalter, gilt sie nicht als wirksam zugestellt und ein späteres Urteil in dem Fall ist nichtig. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) für das bis zum 1. Dezember 2020 geltende WEG-Recht entschieden, wie jetzt bekannt wurde (Urteil vom 27.11.2020, Az.: V ZR 67/20).

Im konkreten Rechtsstreit ging es um eine Wohnungseigentümerin, die mit den Zahlungen für das Hausgeld in Rückstand war. Die Eigentümergemeinschaft verklagte sie auf Nachzahlung. Als Adresse der Beklagten gab man in der Klageschrift eine Anschrift auf Malta an: In der dort befindlichen Ferienwohnung wollte sich die Beklagte nämlich zu dieser Zeit aufhalten. Als Zustellungsvertreterin benannte man die WEG-Verwalterin. Das Amtsgericht Aschaffenburg machte davon Gebrauch, schickte die Klageschrift und das spätere Urteil an die Verwalterin.

Die beklagte Wohnungseigentümerin bekam von all dem nichts mit. Nach ihrer Aussage erhielt sie die beiden Schriftstücke nicht. Von dem Gerichtsverfahren erfuhr sie erst, als das Urteil vollstreckt werden sollte. Sie legte Einspruch gegen das Urteil ein und verlangte eine Wiedereinsetzung wegen versäumter Einspruchsfrist. Wer von Klage und Urteil nichts weiß, kann schließlich auch nicht fristgerecht Einspruch einlegen. Das Landgericht Bamberg stellte schließlich fest, die Schriften seien nicht wirksam zugestellt worden, das Urteil daher nicht existent.

Klageschrift nicht wirksam zugestellt – Urteil gibt es nicht

Dagegen zog die WEG vor den Bundesgerichtshof (BGH), was jedoch nicht von Erfolg gekrönt war. Die Bundesrichter bestätigten das Urteil des Landgerichts. Die Entscheidung aus Aschaffenburg ist null und nichtig. Karlsruhe stellte klar: Klagt eine WEG gegen eines ihrer Mitglieder, kann der Verwalter nicht als Zustellungsvertreter fungieren. Der Verwalter sei durch das vor dem 1. Dezember 2020 gültige Wohnungseigentumsgesetz Vertreter und Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Machte man ihn jetzt zugleich auch zum Zustellungsvertreter eines einzelnen beklagten Mitglieds der Gemeinschaft, entstünde ein nicht akzeptabler Interessenkonflikt. Deswegen ist eine solche Konstellation nicht zulässig. Dieses Urteil gilt ausdrücklich nur für die alte Rechtslage: Mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes, die zum 1. Dezember 2020 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber die Regeln zur Zustellungsvertretung ersatzlos gestrichen. Das Urteil ist aber für bereits anhängige Fälle noch von Bedeutung.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

zurück zum News-Archiv